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Treatises on trans-traditional aesthetics
– Ensemble Extrakte ; Sandeep Bhagwati.
Ensemble Extrakte – dieser Name umreisst ein musikalisches Programm. Die 13 Traktate die- ses Albums bilden ungewöhnliche Begegnungen seismographisch in Klängen ab. Als wir im Januar 2013 die 11 musikalisch polyglotten Mitglieder des Ensembles miteinander zum Mu- sizieren brachten, kam fast jeder von ihnen aus einem anderen musikalischen Hintergrund und einer anderen Kultur. Manche waren Virtuosen in mehr als einem Genre, mehr als einer Tradition. Jedem von ihnen bedeutete Musik etwas Anderes, sie musizierten jeder für ein je- weils ganz anderes Publikum. Aber wir alle lebten in Berlin – und wir wollten gemeinsam an einer Musik arbeiten, in der sich unser Ensemble in seinen rhizomatischen Wurzeln und seinen weltumspannenden Träumen getreu abzeichnen würde. Würde die Konfrontation unserer ver- schiedenen Zugänge zur Musik uns zu Einsichten, Klängen, Gefühlslagen bringen, die die Grenzen jener Musik, von der wir kamen, wirklich überschreiten können? Wie würden sich unsere musikalischen Vorstellungen und Praktiken entwickeln, wenn wir sie aus ihrem ver- trauten Kontext extrahierten und miteinander in Beziehung setzten? Um genau diese Fragen auszuloten, gründeten wir Extrakte – als ein schöpferisch forschendes Ensemble eines neuen Typs.
Der Impuls für solch ein Ensemble scheint in unserer beider Arbeit schon früh auf. In den 1990ern war Elke Moltrecht die Künstlerische Leiterin des Musikprogramms am Podewil Ber- lin. Das Podewil war damals eine der ersten Institutionen weltweit, welche zeitgenössische Kunstmusik direkt in anregende Konfrontationen mit verschiedensten anderen Musikformen brachte – von Clubmusik bis zur Experimentalmusik einer neuen Generation von Laptopmu- sikern, von elektroakustischer Musik aus etablierten Studios zu improvisierter Musik – und zu Musik verschiedenster kultureller Herkünfte. Das war nicht nur ein ambitioniertes Pro- gramm, es verlangte auch ständig nach neuen Konzertformaten, in denen solche Konfronta- tionen jenseits blosser Begegnungen auch musikalisch fruchtbar werden konnten.
Diese Suche überschnitt sich mit Sandeep Bhagwatis inter-musikalischen Forschungen, die er als Komponist wie als Festivaldirektor ebenfalls schon seit den 1990ern verfolgt hatte, als er Neue Musik Ensembles wie das Ensemble Modern, das Klangforum Wien oder das Nieuw Ensemble Amsterdam in langfristige Kooperationen mit indischen, chinesischen, bayerischen und baskischen Musikern, aber auch mit improvisierenden Musikern und den IRCAM Com- putermusik-Studios brachte.
Ensemble Extrakte extrahiert seine musikalischen Elemente und Ideen aus einer reichen Vielfalt von Stilen, musikalischen Parametern und Traditionen, die aus einem breiten Spektrum asiatischer, europäischer, amerikanischer und afrikanischer Musiktraditionen stammen. Das Ensemble sucht gemeinsam nach Lösungen, die billige Aneignungen (in jede Richtung) ver- meiden. Es entzieht sich daher auch den üblichen Kategorien wie Neue Musik, improvisierte Musik oder Weltmusik. Extrakte arbeitet wie eine Band: die übliche Funktion eines Kompo- nisten oder Dirigenten gibt es hier so nicht – unsere Zusammenarbeit lässt derlei Hierarchien beiseite. Unser Repertoire entsteht aus der Mitte des Ensembles, durch intensive Arbeitspha- sen, wo, in einem Prozess gemeinsamer Suche, alle Musiker ihre vertraute musikalische Welt hinter sich lassen, um gemeinsam, als Kollektiv, das Trennende und das Verbindende zwischen ihren jeweiligen Zugängen zur Musik herauszupräparieren. Sandeep Bhagwati als der Musi- kalische Leiter ist dann derjenige, der die Synergien im Ensemble filtert und bündelt, ihnen Struktur gibt, ihre Grundideen und Anziehungskräfte extrahiert – und nur dann, oft im Nach- hinein, notiert, was als neu erscheint oder weitere Arbeit verdient. Durch diese differenzierte Zusammenarbeit finden Konzepte, Partituren, aus den verschiedenen Künsten entnommene Formen, Grafiken und Bilder ihre Umsetzung in eine konkrete Klanggestalt.
Aus diesem Grund nennen wir unsere Versuche auch Traktate; denn wir kommen nicht einfach zusammen und jammen. Wir gehen an unsere Arbeit keineswegs mit naivem Multikulti-Opti- mismus heran, sondern mit der Neugier, Sorgfalt und Leidenschaft von künstlerischen For- schern. Über vier Jahre hinweg, in Dutzenden von Workshops, haben wir unsere jeweilige Art, Musik zu machen und zu denken – Ideen, Ästhetiken, Spieltechniken und musikalische Angewohnheiten – immer wieder auseinander genommen und in neuen Kombinationen zusam- mengesetzt. Wir haben uns gefragt, wie wir eine Idee oder ein Gefühl, das in unserer eigenen Tradition schon zu herrlicher Musik gewachsen war, einem Mitmusiker vermitteln könnten, der weder unsere Klangvorlieben noch unsere Musik-Erinnerungen teilt. Wir experimentierten mit den vielen Klängen, die unsere Instrumente und Stimmen erzeugen konnten, und setzten sie manchmal selbst gegen unsere eigene Tradition ein. Wir suchten systematisch nach jenen Aspekten, in denen wir übereinstimmten und nach jenen, wo es definitiv nicht so war – in beiden Arten von Beziehung lernten wir auf interessante Weise miteinander zu spielen. Wir fanden Wege, Musik zu erfinden für jene, die nach Regeln musizieren, für jene, die in einer Gemeinschaft und Tradition verortet sind – aber auch für jene, die gewohnt sind, mit einem Komponisten und einer Partitur zu arbeiten – und schließlich auch für jene, denen alles im Voraus Geregelte ein Graus ist.
Jeder Track auf diesem Album begann mit einer Anregung – einem Gedicht, einer Metapher, einer künstlerischen Form, einem merkwürdigen Klang, einem theoretischen Konzept, einer Art und Weise zu kommunizieren. Diese Ideen nahmen dann in Workshops und Proben Gestalt an. Manche begannen mit einer existierenden Partitur, die dann an die Persönlichkeiten der Musiker angemessen wurde, manche fanden ihre Partitur erst, wenn unsere Zusammenarbeit schon die Musik selbst erfunden hatte. Wir möchten den Musikern des Ensemble Extrakte danken für viele atemlose, aufregende Stunden in Proberäumen, Restaurants und Konzertpo- dien, spielend, analysierend, diskutierend – während sich unsere Ohren wieder und wieder nach jenem flüchtigen, vielversprechenden Klang einer Musik streckten, für die keiner von uns schon einen Namen hatte. Auf diesem Album versammeln wir, was wir bis jetzt gefunden haben, was wir am meisten mochten. Ein Meilenstein für uns, ja sicher – aber einer, der wirk- lich nur den Anfang unserer Reise markiert … Sandeep Bhagwati / Elke Moltrecht Mai 2017
– Ensemble Extrakte ; Sandeep Bhagwati.
Ensemble Extrakte – dieser Name umreisst ein musikalisches Programm. Die 13 Traktate die- ses Albums bilden ungewöhnliche Begegnungen seismographisch in Klängen ab. Als wir im Januar 2013 die 11 musikalisch polyglotten Mitglieder des Ensembles miteinander zum Mu- sizieren brachten, kam fast jeder von ihnen aus einem anderen musikalischen Hintergrund und einer anderen Kultur. Manche waren Virtuosen in mehr als einem Genre, mehr als einer Tradition. Jedem von ihnen bedeutete Musik etwas Anderes, sie musizierten jeder für ein je- weils ganz anderes Publikum. Aber wir alle lebten in Berlin – und wir wollten gemeinsam an einer Musik arbeiten, in der sich unser Ensemble in seinen rhizomatischen Wurzeln und seinen weltumspannenden Träumen getreu abzeichnen würde. Würde die Konfrontation unserer ver- schiedenen Zugänge zur Musik uns zu Einsichten, Klängen, Gefühlslagen bringen, die die Grenzen jener Musik, von der wir kamen, wirklich überschreiten können? Wie würden sich unsere musikalischen Vorstellungen und Praktiken entwickeln, wenn wir sie aus ihrem ver- trauten Kontext extrahierten und miteinander in Beziehung setzten? Um genau diese Fragen auszuloten, gründeten wir Extrakte – als ein schöpferisch forschendes Ensemble eines neuen Typs.
Der Impuls für solch ein Ensemble scheint in unserer beider Arbeit schon früh auf. In den 1990ern war Elke Moltrecht die Künstlerische Leiterin des Musikprogramms am Podewil Ber- lin. Das Podewil war damals eine der ersten Institutionen weltweit, welche zeitgenössische Kunstmusik direkt in anregende Konfrontationen mit verschiedensten anderen Musikformen brachte – von Clubmusik bis zur Experimentalmusik einer neuen Generation von Laptopmu- sikern, von elektroakustischer Musik aus etablierten Studios zu improvisierter Musik – und zu Musik verschiedenster kultureller Herkünfte. Das war nicht nur ein ambitioniertes Pro- gramm, es verlangte auch ständig nach neuen Konzertformaten, in denen solche Konfronta- tionen jenseits blosser Begegnungen auch musikalisch fruchtbar werden konnten.
Diese Suche überschnitt sich mit Sandeep Bhagwatis inter-musikalischen Forschungen, die er als Komponist wie als Festivaldirektor ebenfalls schon seit den 1990ern verfolgt hatte, als er Neue Musik Ensembles wie das Ensemble Modern, das Klangforum Wien oder das Nieuw Ensemble Amsterdam in langfristige Kooperationen mit indischen, chinesischen, bayerischen und baskischen Musikern, aber auch mit improvisierenden Musikern und den IRCAM Com- putermusik-Studios brachte.
Ensemble Extrakte extrahiert seine musikalischen Elemente und Ideen aus einer reichen Vielfalt von Stilen, musikalischen Parametern und Traditionen, die aus einem breiten Spektrum asiatischer, europäischer, amerikanischer und afrikanischer Musiktraditionen stammen. Das Ensemble sucht gemeinsam nach Lösungen, die billige Aneignungen (in jede Richtung) ver- meiden. Es entzieht sich daher auch den üblichen Kategorien wie Neue Musik, improvisierte Musik oder Weltmusik. Extrakte arbeitet wie eine Band: die übliche Funktion eines Kompo- nisten oder Dirigenten gibt es hier so nicht – unsere Zusammenarbeit lässt derlei Hierarchien beiseite. Unser Repertoire entsteht aus der Mitte des Ensembles, durch intensive Arbeitspha- sen, wo, in einem Prozess gemeinsamer Suche, alle Musiker ihre vertraute musikalische Welt hinter sich lassen, um gemeinsam, als Kollektiv, das Trennende und das Verbindende zwischen ihren jeweiligen Zugängen zur Musik herauszupräparieren. Sandeep Bhagwati als der Musi- kalische Leiter ist dann derjenige, der die Synergien im Ensemble filtert und bündelt, ihnen Struktur gibt, ihre Grundideen und Anziehungskräfte extrahiert – und nur dann, oft im Nach- hinein, notiert, was als neu erscheint oder weitere Arbeit verdient. Durch diese differenzierte Zusammenarbeit finden Konzepte, Partituren, aus den verschiedenen Künsten entnommene Formen, Grafiken und Bilder ihre Umsetzung in eine konkrete Klanggestalt.
Aus diesem Grund nennen wir unsere Versuche auch Traktate; denn wir kommen nicht einfach zusammen und jammen. Wir gehen an unsere Arbeit keineswegs mit naivem Multikulti-Opti- mismus heran, sondern mit der Neugier, Sorgfalt und Leidenschaft von künstlerischen For- schern. Über vier Jahre hinweg, in Dutzenden von Workshops, haben wir unsere jeweilige Art, Musik zu machen und zu denken – Ideen, Ästhetiken, Spieltechniken und musikalische Angewohnheiten – immer wieder auseinander genommen und in neuen Kombinationen zusam- mengesetzt. Wir haben uns gefragt, wie wir eine Idee oder ein Gefühl, das in unserer eigenen Tradition schon zu herrlicher Musik gewachsen war, einem Mitmusiker vermitteln könnten, der weder unsere Klangvorlieben noch unsere Musik-Erinnerungen teilt. Wir experimentierten mit den vielen Klängen, die unsere Instrumente und Stimmen erzeugen konnten, und setzten sie manchmal selbst gegen unsere eigene Tradition ein. Wir suchten systematisch nach jenen Aspekten, in denen wir übereinstimmten und nach jenen, wo es definitiv nicht so war – in beiden Arten von Beziehung lernten wir auf interessante Weise miteinander zu spielen. Wir fanden Wege, Musik zu erfinden für jene, die nach Regeln musizieren, für jene, die in einer Gemeinschaft und Tradition verortet sind – aber auch für jene, die gewohnt sind, mit einem Komponisten und einer Partitur zu arbeiten – und schließlich auch für jene, denen alles im Voraus Geregelte ein Graus ist.
Jeder Track auf diesem Album begann mit einer Anregung – einem Gedicht, einer Metapher, einer künstlerischen Form, einem merkwürdigen Klang, einem theoretischen Konzept, einer Art und Weise zu kommunizieren. Diese Ideen nahmen dann in Workshops und Proben Gestalt an. Manche begannen mit einer existierenden Partitur, die dann an die Persönlichkeiten der Musiker angemessen wurde, manche fanden ihre Partitur erst, wenn unsere Zusammenarbeit schon die Musik selbst erfunden hatte. Wir möchten den Musikern des Ensemble Extrakte danken für viele atemlose, aufregende Stunden in Proberäumen, Restaurants und Konzertpo- dien, spielend, analysierend, diskutierend – während sich unsere Ohren wieder und wieder nach jenem flüchtigen, vielversprechenden Klang einer Musik streckten, für die keiner von uns schon einen Namen hatte. Auf diesem Album versammeln wir, was wir bis jetzt gefunden haben, was wir am meisten mochten. Ein Meilenstein für uns, ja sicher – aber einer, der wirk- lich nur den Anfang unserer Reise markiert … Sandeep Bhagwati / Elke Moltrecht Mai 2017
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ITERATIONS – resonant responses to a live-concert
ITERATIONS is a musical experiment: we are juggling with artistic processes. How does music resonate through other music? What happens when the game of Chinese Whispers meets a dynamic feedback loop?
In a live concert in Berlin, Ensemble Extrakte – a trans-traditional ensemble led by Sandeep Bhagwati that unites musical folk, jazz, and art music traditions from India, Korea, Syria, China, Bulgaria, Armenia, the US and Europe – plays to music in their headphones: they interpret pioneering techno and electronic tracks put on by Berlin-based brothers Teichmann. But definitely not in the sense of “Beatles go Classic”: they do not simply echo the melodies and harmonies – rather, inspired by the energy and playfulness of the tracks, they improvise a resonant response, transforming and filtering the electronic sound they hear through their traditional instruments and musical expressions.
The DJ & Electronic music duo Gebrüder Teichmann then feed this concert recording into their electronic laboratory, using their electronic ears, their instruments machines and computers to discover a new layer of resonant responses. They reverse, enhance, re-compose the improvisations of the Extrakte Musicians, finding new connections in their sounds. What do we hear now? Who is interpreting whose music? Who is influencing whom, which sound is related to which? What is played live, what is a sample?
ITERATIONS is an ongoing project, a creative love affair between traditional and electronic music making – this album is the second step. What will be the third?
Gebrüder Teichmann silent DJ-Mix – soundcloud private link Ensemble Extrakte – Iterationen @ faithful festival, Berlin / Radialsystem – youtube (full concert)
Press, radio, licensing requests via: contact@noland.fm distribution contact: info@morrmusic.com www.noland.fm
All comprovisations and improvisations: Ensemble Extrakte
Working scores: Sandeep Bhagwati / Remixes, Edits and
Reinterpretations: Gebrüder Teichmann
Graphic: Brenda Alamilla / Foto: Udo Siegfriedt
Mastering: Cem Oral @ Jammin Masters
ITERATIONS is a musical experiment: we are juggling with artistic processes. How does music resonate through other music? What happens when the game of Chinese Whispers meets a dynamic feedback loop?
In a live concert in Berlin, Ensemble Extrakte – a trans-traditional ensemble led by Sandeep Bhagwati that unites musical folk, jazz, and art music traditions from India, Korea, Syria, China, Bulgaria, Armenia, the US and Europe – plays to music in their headphones: they interpret pioneering techno and electronic tracks put on by Berlin-based brothers Teichmann. But definitely not in the sense of “Beatles go Classic”: they do not simply echo the melodies and harmonies – rather, inspired by the energy and playfulness of the tracks, they improvise a resonant response, transforming and filtering the electronic sound they hear through their traditional instruments and musical expressions.
The DJ & Electronic music duo Gebrüder Teichmann then feed this concert recording into their electronic laboratory, using their electronic ears, their instruments machines and computers to discover a new layer of resonant responses. They reverse, enhance, re-compose the improvisations of the Extrakte Musicians, finding new connections in their sounds. What do we hear now? Who is interpreting whose music? Who is influencing whom, which sound is related to which? What is played live, what is a sample?
ITERATIONS is an ongoing project, a creative love affair between traditional and electronic music making – this album is the second step. What will be the third?
Gebrüder Teichmann silent DJ-Mix – soundcloud private link Ensemble Extrakte – Iterationen @ faithful festival, Berlin / Radialsystem – youtube (full concert)
Press, radio, licensing requests via: contact@noland.fm distribution contact: info@morrmusic.com www.noland.fm
All comprovisations and improvisations: Ensemble Extrakte
Working scores: Sandeep Bhagwati / Remixes, Edits and
Reinterpretations: Gebrüder Teichmann
Graphic: Brenda Alamilla / Foto: Udo Siegfriedt
Mastering: Cem Oral @ Jammin Masters